Was macht eigentlich ein Landeshistoriker? Wie hat sich diese Fachrichtung innerhalb der Geschichtswissenschaft entwickelt? Inwiefern kann Landesgeschichte dazu beitragen, dass Menschen in einer Region ihre Geschichte besser verstehen und, vor allem, wie können sie selbst an der Erforschung ihrer eigenen Regionalgeschichte mitwirken? Der an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg lehrende Historiker Prof. Dr. Georg Seiderer erläuterte diese und viele weitere Fragen Ende November 2022 in einer für die Wissenschaft eher ungewöhnlichen Umgebung – in einem Gasthof der mittelfränkischen Landgemeinde Gunzenhausen. Ein Auftakt nach Maß für die Veranstaltungsreihe Heimspiel Wissenschaft des gleichnamigen Verbundprojektes der HRK, con gressa und dem #WisskommLab@CAPAS, das Hochschulen vernetzen und beraten will, um dialogorientierte Wissenschaftskommunikation mit Bevölkerungsgruppen außerhalb urbaner Ballungszentren zu befördern.

Regionale Spezialitäten gehören zu den meisten Heimspielen © FAU / Giulia Iannicelli

Landesgeschichte daheim

Georg Seiderer, Experte für Neuere Bayerische und Fränkische Landesgeschichte und Volkskunde, ist im gut 50 Kilometer von Nürnberg gelegenen Gunzenhausen aufgewachsen und seinem mittelfränkischen Heimatort u. a. als Mitglied des lokalen Heimatkunde-Vereins eng verbunden. Im Gasthof Adlerbräu berichtete Professor Seiderer am ersten Adventssonntag knapp 30 interessierten Bürgerinnen und Bürgern, darunter auch ehemalige Mitschüler:innen, von seiner Forschung und der Bedeutung der Landesgeschichte – als Spezialisierung innerhalb der Geschichtswissenschaft – in und für die Region. Außerdem stand der an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg lehrende Historiker bei Plätzchen und Wurstplatte bzw. Tee und Weißbier in lockerer Atmosphäre für allerlei Fragen zu seinem Werdegang, seiner wissenschaftlichen Arbeit und zu geschichtswissenschaftlichen Erkenntnissen über die Region zur Verfügung. Er freue sich, in Rahmen dieses Heimspiels mit einem breiteren Publikum über die eigene Forschung und die Bedeutung landes- und regionalhistorischer Erkenntnisse für den gegenwärtigen Lebensalltag ins Gespräch zu kommen und dabei auch so manches bekannte Gesicht aus früheren Zeiten wiederzusehen, erklärte Seiderer vorab.

Georg Seiderer während seines Vortrages in Gunzenhausen © FAU / Giulia Iannicelli

Wissenschaft im Gespräch

Der Austausch über die wissenschaftliche Fachdebatte hinaus ist Professor Seiderer wichtig. Es sei der Geschichtswissenschaft per se ein wichtiges Anliegen, aktuelle Forschungserkenntnisse mit der Öffentlichkeit zu teilen, diese einzubinden und sich nicht in einen vielbeschworenen Elfenbeinturm zurückzuziehen. „Die Landesgeschichte macht mit der Region, ihren historischen Hintergründen und Besonderheiten vertraut.“ Diese Expertise sei nicht zuletzt für die Arbeit der Museen, Archive und kulturellen Einrichtungen in der Region relevant. „Geschichte findet vor Ort statt“, betonte Seiderer auch mit Blick auf die anwesenden Vertreter von Heimat- und Geschichtsvereinen, deren landesgeschichtliche Forschung wiederum auch an der Universität rezipiert werde. Die sich dem Vortrag anschließende Fragerunde entwickelte sich rasch zu einem regen Austausch. Die offene Gesprächsatmosphäre ermutigte auch eine zunächst nur interessiert zuhörende Teilnehmerin, dem Professor am Ende der Veranstaltung – zu ihrer eigenen Überraschung – selbst noch eine Frage zu stellen.

Universitätspräsident macht mit

Seiderers Arbeitgeberin, die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, ist Vorreiterin im Projekt Heimspiel Wissenschaft und beschäftigt sich seit langem mit neuen Wegen der Wissenschaftskommunikation. Am 3. Februar 2023 wird ihr Präsident, Prof. Dr. Joachim Hornegger, daher auch selbst ein Heimspiel bestreiten. Der Informatiker und Fachmann für medizinische Bildgebung und Mustererkennung wird in seiner Heimat, dem oberfränkischen Effeltrich, das Gespräch mit Bürger:innen suchen und darauf eingehen, wie künstliche Intelligenz die Medizin unterstützen kann und damit unmittelbar dem Menschen hilft.

 

Weiterführende Informationen

https://www.fau.de/ bzw. https://www.geschichte.phil.fau.de/person/georg-seiderer/

 

Autor: Christoph Hilgert, Hochschulrektorenkonferenz

 

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